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Ein Hauch von Levante im Gerichtssaal Neuer Prozess um illegale Waffengeschäfte mit dem Irak vor dem Mannheimer Landgericht | ||
Von unserem Redaktionsmitglied Hans-Dieter Füser Die Weltläufigkeit springt dem Angeklagten Sahib al Haddad aus jedem Knopfloch. Gedeckter Anzug, blaue Krawatte, gepflegtes Äußeres, ausgesprochen höfliche Umgangsformen - rein äußerlich ein Grandseigneur, wie er im Buche steht. Geschäfte hat der gebürtige Iraker mit amerikanischem Pass rund um den Globus gemacht. Nimmt man seine Angaben für bare Münze, dann zählt von Weizen über Waschmittel bis hin zu Computer-Hardware alles Mögliche zu seinen Handelsgütern - nur keine Waffen, "Sie werden niemanden finden", ruft er gestern vor dem Mannheimer Landgericht aus, "der Ihnen bestätigen kann, dass ich auch nur eine Kugel in den Irak geliefert habe." Das ganze Verfahren um die Lieferung von Tiefbohr-Werkzeugen zum Bau von Geschützrohren an Bagdad, mit denen auch ABC-Waffen verschossen werden können, sei eine Progaganda-Kampagne: initiiert von der Staatsanwaltschaft und verbreitet über das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Verteidiger Michael Rietz übernimmt diesen Hauch von Levante nicht, setzt vielmehr streng juristisch darauf, das al Haddad den Gerichtssaal als freier Mann verlassen kann. Schließlich sitze sein Mandant seit November 2002 in U-Haft: zunächst in Sofia (bis März 2003), dann in Karlsruhe und Mannheim. Aber auch der Verteidiger lässt in einer Verhandlungspause das Wort von der "Unprofessionalität der Staatsanwaltschaft" fallen, weil die Beweise für die Vorwürfe fehlten. In völligem Gegensatz dazu die Sichtweise des Anklagevertreters. Stephan Morweiser glaubt beweisen zu können, dass al Haddad gemeinsam mit einem bereits im Februar verurteilten Ingenieur aus Pforzheim die Werkzeuge tatsächlich in den Irak geliefert hat. Er habe damit das UN-Embargo gegen den Irak umgangen und gegen das Außenwirtschaftsgesetz verstoßen. Mitangeklagt sind zwei Mitarbeiter eines Maschinenbau-Unternehmens nahe Bremen, bei dem die Werkzeuge hergestellt worden sind; ferner der Geschäftsführer einer Mannheimer Firma, die zur Verschleierung des tatsächlichen Empfängerlandes Irak gedient haben soll; schließlich ein Rechtsanwalt, der die Firma beraten hat. Ob die Weltläufigkeit al Haddas vorerst endet, entscheidet sich am 5. November. Dann wird das Urteil erwartet. Mannheimer Morgen, 09.09.2003 |