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Haft für Waffenschieber | ||
Urteil im Prozess wegen Bruch des Irak-Embargos Wegen illegaler Rüstungsexporte in den Irak hat das Mannheimer Landgericht einen US-Amerikaner zu vier Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Der 60-Jährige hatte zwei deutschen Firmen so genannte Tiefbohrgeräte beschafft. Die Maschinen seien "zweifelsfrei" für den Bau von Geschützrohren bestimmt gewesen, stellte das Gericht fest. Das Kaliber eignet sich zum Abschuss von ABC-Waffen. Mannheim - VON ULRICH WILLENBERG Mannheim - Um die deutschen Behörden zu täuschen, wurde die Ware zum Teil von der Mannheimer Firma Alriwo angekauft. Die lieferte die Maschinen an eine jordanische Firma. Für die Richter steht fest, dass die brisante Fracht von dort in den Irak gelangte. Einige Kleinteile hatte der US-Bürger Sahib Al-H. persönlich bei der niedersächsischen Herstellerfirma Burgsmüller abgeholt. Der Angeklagte habe zweimal das UN-Embargo umgangen und somit gegen das deutsche Außenwirtschaftsgesetz verstoßen, urteilte die Wirtschaftsstrafkammer. Einen Betrag von 15000 Euro aus dem Erlös erklärte das Gericht für "verfallen". In einem weiteren Fall sei es "offenbar" bei einem Versuch geblieben. Vergebens habe Al-H. versucht, in der Schweiz Rohlinge für Geschützrohre "mit erheblicher Feuerkraft" einzukaufen. Der Geschäftsmann habe sich aufgrund mehrerer Faxe und E-Mails "selbst überführt." So war in einem seiner Schreiben die Rede von "sieben Prozent Provision Bagdad" die Rede, in einem anderen heißt es "Ich bin gerade aus Bagdad zurück, um Probleme mit den Lieferungen zu lösen." Der Käufer habe die Ware inzwischen akzeptiert. "Er hat wie ein Makler für die Rüstungsindustrie gehandelt", zeigte sich der Vorsitzende Richter überzeugt. Der gebürtige Iraker war im November 2002 in Bulgarien verhaftet worden, als er Waffen einkaufen wollte. Im März diesen Jahres wurde er nach Deutschland ausgeliefert. Die Haft in Bulgarien rechnete das Gericht im Verhältnis von Eins zu 2,5 an - wegen der schlimmen Bedingungen in dem Gefängnis. Der Vater von neun Kindern bestritt die Vorwürfe vehement. Die Maschinen seien nur für zivile Zwecke bestimmt gewesen und hätten Jordanien nie verlassen. Diese Version hält die Wirtschaftsstrafkammer für widerlegt. Vor Gericht bezeichnete sich Al-H. als ein Feind des früheren Staatschefs Saddam Hussein. Mehrere Angehörige seien von dessen Schergen umgebracht worden. Zweifel an dieser Version sind jedoch angebracht. Ein bereits verurteilter Mittäter berichtete, Al-H. habe Kontakte zu höchsten Regierungsstellen gehabt. Offenbar besaß der Kaufmann auch Kenntnisse über das Chemiewaffenprogramm des Irak. Sein Wissen wollte er jedoch nur dann offenbaren, wenn er im Gegenzug aus deutscher Haft freigelassen wird. Darauf wollte sich die Justiz jedoch nicht einlassen. Nach Medienberichten soll Al-H. in den 80er Jahren Chemikalien zur Produktion von Giftgas in den Irak geliefert haben. Das Landgericht verurteilte den Angeklagten nach dem drastisch verschärften Außenwirtschaftsgesetz. Aufgrund des Skandals um die deutsche Lieferung einer Giftgasfabrik für Libyen ist die frühere Höchststrafe von drei auf 15 Jahre erhöht worden. Anwalt Michael Rietz hält die Schuld seines Mandanten für nicht bewiesen. So seien die Bohrgeräte im Irak nicht aufgespürt worden. Die Maschinen seien für die Herstellung von Geschützen ohnehin nicht geeignet. Der Staatsanwalt hatte fünf Jahre Haft gefordert. Die Version des Angeklagten bezeichnete er als "Märchen". Al-H., der als junger Mann in Deutschland Praktika absolvierte, besaß in den USA mehrere Firmen - darunter ein Lokal im bayrischen Stil in Nashville. Jahrzehntelang habe er mit namhaften Unternehmen gute Geschäfte gemacht und dabei mehrere hundert Millionen umgesetzt, berichtete er vor Gericht. Dass er angeblich nur mit zivilen Gütern wie Lebensmittel handelte, vermochte das Gericht nicht zu glauben. Der Angeklagte habe schon früher versucht, Waffenteile für den Irak einzukaufen. Mehrere Mittäter sind vom Mannheimer Landgericht bereits verurteilt worden. Die höchste Strafe erhielt mit über fünf Jahren Haft der Pforzheimer Ingenieur Bernd Sch. Der Mann hatte den Deal zwischen dem Irak und den deutschen Herstellern vermittelt. Zwei leitende Angestellte des niedersächsischen Betriebes kamen mit Bewährungsstrafen davon. Das Verfahren gegen den früheren kaufmännischen Leiter wurde gegen eine Geldauflage von 5000 Euro eingestellt, ein Heidelberger Anwalt freigesprochen. Der Inhaber der Mannheimer Firma Alriwo erhielt eine Bewährungsstrafe. Er hatte nach Erkenntnis des Gerichts als Strohmann fungiert, um die illegale Ausfuhr zu vertuschen. suedkurier.de, 29.11.2003 |