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  Hausarrest
 
 
 
  Die elektronische Fußfessel wird am Fuß- oder Handgelenk des Verdächtigten befestigt. Sie sendet Radiowellen aus, die von einem Kontrollgerät im Haus aufgefangen und per Telefon an Polizei oder Justizbehörden weitergemeldet werden. Verläßt der Täter das Haus, schlägt das Gerät Alarm. Die Fessel läßt sich nicht abstreifen, ihre Energie bezieht sie aus einer wasserdicht verpackten Batterie. Um Manipulationen zu verhindern, wechselt das Gerät ständig die Frequenzen und löst beim Versuch des Abstreifens Alarm aus. Der Arrest in den eigenen vier Wänden ist trotz des technischen Aufwandes erheblich günstiger als ein Gefängnisaufenthalt. In Berlin und Hamburg starten bald erste Versuche für Täter, die zu Haftstrafen bis zu sechs Monaten verurteilt wurden.  
   
  Fußfessel für 30 Straftäter in Hessen
Die Welt online, 16.August 2000
 
  Hessen testen als erstes deutsches Bundesland die elektronische Fußfessel
Heise, 03.Mai 2000
 
  Mehr Freiheit durch die elektronische Fußfussel?
SPIEGEL ONLINE, 02.Mai 2000, 13:08
 
  Elektro-Fußfesseln in Probeeinsatz  
  Digitale Fußfessel auf Probe  
  Elektronische Fußfessel wird erprobt
Die Welt, 10.September 1999
 
  Mit der Fußfessel auf Bewährung
Die Welt, 11.Juni 1999
 
  Die Fußfessel bleibt umstritten
Die Welt, 10.Juni 1999
 
  Massentest für elektronische Fußfessel
28.Januar 1999
 
  Gefängnis unter freiem Himmel
13.Januar 1999
 
  Justizminister will "elektronische Fußfessel" einführen
Südwestdeutsche Zeitung, 17.August 1998
 
  Fußfessel statt Gefängnisgitter
Westfälische Nachrichten, 13.September 1997
 
  Initiative:
Elektronische Fußfesseln für Wirschaftsstraftäter
Die Glocke, 21.Juli 1997
 
  Elektronische Fußfessel hier kaum anwendbar  
  Elektronische Fußfessel - GAL stoppt Justizsenatorin  
  Elektronisch gefesselt  
  Elektronische Fußfessel  
  Electronic Monitoring  
  Justiz und Strafvollstreckung:
Elektronische Fußfessel
 
  House arrest with electronic monitoring  
  Der elektronisch überwachte Hausarrest  
  Literatur zum "elektronischen Hausarrest"  
  Buchtipp  

  Der elektronisch überwachte Hausarrest.
 
  Eine rechtsvergleichende und empirische Untersuchung in Schweden und Deutschland

Bearbeiter(innen): Rita Haverkamp (Juristin)
Ansprechpartner: Rita Haverkamp;
Tel.: 0761/7081-328
Zeitrahmen: 1997 bis 2000
Projektbeschreibung: (zugleich Promotionsvorhaben)

Ziel der Untersuchung ist eine rechtsvergleichende Analyse der Sanktionssysteme in Schweden und Deutschland, wobei die Regelung des elektronisch überwachten Hausarrestes in Schweden im Vordergrund steht. In einem weiteren Schritt werden die Ergebnisse einer empirischen Studie zur elektronischen Überwachung in Schweden und Deutschland aus dem Jahre 1998 vorgestellt. Anschließend werden die Probleme, die eine Übertragung des schwedischen Modells auf deutsche Verhältnisse bereitet und Perspektiven für eine Einführung des elektronisch überwachten Hausarrestes erörtert.

In der internationalen Kriminalpolitik kommt dem elektronisch überwachten Hausarrest als ambulante Sanktions- oder Vollzugsform zunehmend mehr Bedeutung zu. Seit 1997 läßt sich zu dieser Thematik in Deutschland eine kontrovers geführte Debatte in Politik, Wissenschaft und Praxis beobachten. Das Land Berlin brachte 1997 einen Gesetzesantrag im Bundesrat (BR-Drs. 698/97) ein, der die Erprobung des elektronisch überwachten Hausarrestes als Vollzugslockerung in einem neuen § 11a des Strafvollzugsgesetzes vorsieht. Im November 1997 setzte der Rechtsausschuß des Bundesrates die Entscheidung über den Antrag aus. Aus diesem Grund bildete sich eine Arbeitsgruppe aus sieben Bundesländern, die sich mit den Einsatzmöglichkeiten der elektronischen Überwachung beschäftigt. Auf Bundesebene setzte der damalige Bundesjustizminister Edzard Schmidt-Jortzig Anfang 1998 eine Fachkommission zur Novellierung des strafrechtlichen Sanktionensystems ein, die auch den elektronisch überwachten Hausarrest berücksichtigte. Nach Veröffentlichung des Abschlußberichtes der Länderarbeitsgruppe im Frühjahr 1999 äußerte sich der Rechtsausschuß des Bundesrates positiv zu einer Durchführung von befristeten Pilotprojekten. Der Bundesrat brachte eine geänderte Fassung des ursprünglichen Gesetzesantrages am 9. Juli 1999 in den Bundestag ein. Danach soll die Erprobung des elektronischen Hausarrestes als Strafvollzugslockerung im Rahmen eines neuen § 10a des Strafvollzugsgesetzes (BR-Drs. 401/99) möglich sein. Am 25. August 1999 befürwortete das Bundeskabinett Modellversuche mit der elektronischen Überwachung und betonte zugleich den hohen Stellenwert einer persönlichen Betreuung. Während der ersten Lesung am 7. Oktober 1999 entspann sich im Bundestag eine Kontroverse (BT-Drs. 14/1519, BT-Plenarprotokoll 14/61), wobei insbesondere die Grünen/Bündnis90 große Bedenken gegen die elektronische Überwachung äußerten. Von den Bundesländern erwägt Baden-Württemberg einen zweijährigen Modellversuch im Bereich der Ersatzfreiheitsstrafe in Mannheim (LT-Drs. 12/4233). Hamburg will den elektronischen Hausarrest im Rahmen der Vollstreckung von Restfreiheitsstrafen einsetzen. Da die Bundesratsinitiative wegen des Widerstands der Grünen/Bündnis90 vermutlich scheitern wird, können die geplanten Pilotprojekte nicht stattfinden. Unterdessen beabsichtigt das Bundesland Hessen ein Versuchsprojekt ohne Gesetzesänderung zu initiieren. Als richterliche Bewährungsweisung soll der elektronisch überwachte Hausarrest in Frankfurt ab dem 2. Mai 2000 erprobt werden. Wissenschaft und Praxis begegnen einer möglichen Erprobung mit Skepsis.

In Schweden stößt das Versuchsprojekt, das am 1. August 1994 in sechs Bewährungshilfebezirken begonnen und am 1. Januar 1997 auf das ganze Land ausgedehnt wurde, auf breite Akzeptanz. Seit 1999 ist die sogenannte Intensivüberwachung mit elektronischer Kontrolle eine dauerhafte Alternative zum Strafvollzug kurzer Gefängnisstrafen bis zu drei Monaten. Der Gesetzgeber behielt mit kleinen Änderungen die von 1997 bis 1998 erprobte gesetzliche Regelung bei. Angesichts dieser Unterschiede zwischen beiden Staaten liefert die empirische Untersuchung in Schweden und in Deutschland eine Grundlage dafür, ob in Deutschland ein Modell des elektronischen Hausarrestes eingeführt werden könnte. Die explorativ angelegte Untersuchung bezweckt daher, anhand von Fragebögen Einstellungen von Praktikern zum elektronischen Hausarrest in Schweden und Deutschland zu erheben, um die Unterschiede zwischen den in Deutschland mit dem Untersuchungsgegenstand verknüpften Erwartungen und den in Schweden gemachten Erfahrungen gegenüberzustellen und zu interpretieren. Erst diese Analyse erlaubt abschließend eine eigene Stellungnahme zur Anwendbarkeit des elektronisch überwachten Hausarrestes in Deutschland.

Für die schriftliche Befragung wurde 1998 ein Erhebungsinstrument zur Einstellungsmessung von Experten im Strafrecht und Strafvollzug entwickelt, das den unterschiedlichen rechtlichen Rahmenbedingungen in Deutschland und Schweden entspricht. Zunächst wurde eine quantitative schriftliche Befragung in Niedersachsen im April/Mai durchgeführt. Daran schloß sich im August/September die Untersuchung in Schweden an. Im Frühjahr erfolgte eine Gesamterhebung in Niedersachsen unter Strafrichtern an Amts- und Landgerichten, Staatsanwälten, Leitern von Justizvollzugsanstalten sowie Bewährungshelfern. Die Rücklaufquote von 1.202 versandten Fragebögen betrug 45 % (541 Fragebögen).

In Schweden konnte im Sommer die schriftliche Erhebung zur Intensivüberwachung mit elektronischer Kontrolle stattfinden unter Strafrichtern, die keine Entscheidung über den elektronisch überwachten Hausarrest treffen, Leitern von regionalen und lokalen Strafvollzugsbehörden sowie Bewährungshelfern. Wie auch in Niedersachsen wurde eine Gesamterhebung durchgeführt. Von 802 Befragten antworteten 440 (55 %).

Die niedersächsische Datenerhebung berücksichtigt 522 Fragebögen. Die Befragung ergibt eine recht hohe Aufgeschlossenheit gegenüber einer Anwendbarkeit der elektronischen Überwachung in Deutschland. 68 % (n=520) halten ihre Anwendung für denkbar oder sogar für wünschenswert. 4 % der Befragten sind unschlüssig. 13 % nehmen eine kritische Haltung ein, während 15 % eine Einführung des elektronischen Hausarrestes ganz ablehnen. Eine wesentliche Zielsetzung des Einsatzes elektronischer Überwachung sehen 82 % (n=437) in der Vermeidung von Freiheitsentzug. Daran knüpft sich die Erwartung, die Überbelegung in den Gefängnissen zu mindern (89 %, n=497) und Kosten einzusparen (87,1 %, n=490). Die Antworten zu möglichen Anwendungsbereichen veranschaulichen, daß den Experten zufolge eine Kluft zwischen der bedingten und der unbedingten Freiheitsstrafe besteht. Die Akzeptanz für den Einsatz des elektronischen Hausarrestes bewegt sich in der Gemengelage Strafaussetzung zur Bewährung und unbedingter Freiheitsstrafen bis zu drei bzw. sechs Monaten (73 % Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten, n=314; 62 % Freiheitsstrafe über drei bis zu sechs Monaten, n=309). Die elektronische Überwachung könnte somit als Bindeglied zwischen Strafaussetzung zur Bewährung und Gefängnis fungieren. Es zeigt sich aber eine Tendenz zur Ausweitung der sozialen Kontrolle (net-widening effect) unter den Befragten hinsichtlich des geeigneten Tätertypus. Obwohl in Deutschland meist sozial nicht integrierte Personen in den Gefängnissen inhaftiert sind, bevorzugen die Befragten ganz überwiegend Täter, die nicht zur typischen Anstaltsklientel gehören. Nach Ansicht der meisten Befragten sollte der Überwachte über einen festen Wohnsitz (85 %, n=434) verfügen. Erforderlich sind für einen Großteil zusätzlich stabile soziale Bindungen (60 %, n=434) und eine Beschäftigung (52 %, n=434). Als eher geeignete Zielgruppen gelten Ältere (75 %, n=403), Kranke (74 %, n=398), Behinderte (74 %, n=400), Schwangere (72 %, n=405), Mütter (75 %, n=408) und Alleinerziehende (74 %, n=402). Lediglich wenige Befragte halten die typische Anstaltsklientel für geeignet: 21 % (n=402) Obdachlose, 31 % (n=398) Betäubungsmittelabhängige, 33 % (n=395) Alkoholtäter, 28 % (n=410) Gewalttäter und 28 % (n=404) Mehrfachtäter. Nach Ansicht der Befragten eignen sich für die elektronische Überwachung insbesondere sozial integrierte Täter mit einem geringen Risiko. Dieses Ergebnis stützen auch ausländische Untersuchungen, in denen festgestellt wird, daß elektronische Hausarrest-Programme die besten Erfolgschancen mit dieser Tätergruppe haben. Eine daraus resultierende Gefahr einer Strafverschärfung erkennen jedoch nur 12,2 % (n=427) der Befragten. Dies Antwort deutet an, daß es sich bei der beobachteten Tendenz zur Netzausweitung um einen ungewollten Effekt handeln könnte.

Um den niedersächsischen und schwedischen Datensatz zu vergleichen, müssen auch die Unterschiede im Sanktionssystem und in der Rechtsprechungspraxis Berücksichtigung finden. Übereinstimmungen im Antwortverhalten sind daher stets vor dem Hintergrund des jeweiligen Systems zu sehen. Die folgende Tabelle zeigt die Haltung der Befragten in beiden Ländern zur elektronischen Überwachung.

Die Unterteilung in Befürworter und Nicht-Befürworter beruht auf den unterschiedlichen Rahmenbedingungen in beiden Ländern. Während die deutschen Befragten ihre Ansicht zu einer Einführung des elektronischen Hausarrestes äußern, geht es in Schweden um die Beurteilung des Erfolges des implementierten Projektes. Auffällig ist die positive Haltung der beiden Expertengruppen, insbesondere die fast einhellige Zustimmung der schwedischen Befragten, wobei der Korrelationskoeffizient nach Kendall-Tau-b -0,302 und nach Spearman -0,302 beträgt. In Schweden verwundert die verschwindend kleine Anzahl an Nicht-Befürwortern: 13 Kritiker (3,1 %), 2 Gegner (0,5 %) und 15 Unentschlossene (3,6 %). Dieses Ergebnis deutet auf die gelungene Implementation der elektronischen Überwachung in Schweden hin.

Die ganz überwiegende Mehrheit in beiden Ländern erkennt als eine wesentliche Intention der elektronischen Überwachung die Vermeidung von Freiheitsentzug. Die größere Zustimmung in Schweden (92 %; Deutschland: 82 %) könnte mit der gesetzlichen Regelung zusammenhängen, die den Aufenthalt in einer Justizvollzugsanstalt für den elektronisch Überwachten abwendet. Ein wichtiges Anwendungsfeld sehen die Befragten in beiden Ländern im Bereich kurzer Freiheitsstrafen. Dieses Einsatzgebiet könnte ein Indiz für die Funktion der elektronischen Überwachung als Zwischenglied innerhalb der Strafaussetzung der Bewährung und der unbedingten Freiheitsstrafe bilden. Bemerkenswert ist eine hohe Bejahung der schwedischen Befragten für unbedingte Freiheitsstrafen bis zu drei Monaten (88 %), während nur noch ein Drittel den Einsatz für Freiheitsstrafen über drei bis zu sechs Monaten befürwortet. Demgegenüber spricht sich die Majorität der deutschen Befragten (62 %) für eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs auf unbedingte Freiheitsstrafen bis zu sechs Monaten aus. Dieser Unterschied beruht vermutlich auf der unterschiedlichen Verhängungspraxis von unbedingten Kurzstrafen in Deutschland und in Schweden. Während in Schweden überwiegend kurze Freiheitsstrafen verhängt werden, gilt in Deutschland das Liszt'sche Dogma von der besonderen Schädlichkeit der kurzen Freiheitsstrafe. Sie findet ihren Ausdruck in § 47 StGB.

Im Gegensatz zu Deutschland gibt es in Schweden keine Tendenz zur Netzausweitung. Zwar halten die schwedischen Befragten eher sozial integrierte Straftäter als für die elektronische Überwachung geeignet, doch werden dort viele kurze Freiheitsstrafen gegen den Durchschnittsbürger (Svensson) verhängt. Bekannt sind die zahlreichen kurzen Gefängnisstrafen gegen betrunkene Autofahrer, die die wichtigste Zielgruppe für die elektronische Überwachung darstellen. Dieses Ergebnis verdeutlicht die in der Wissenschaft häufiger aufgeworfene Problematik, eine geeignete Zielgruppe für die elektronische Überwachung in Deutschland zu finden.

Im Jahre 2000 erfolgen die letzten Schritte der Datenauswertung und die Niederschrift der Ergebnisse. Auch soll der Abschlußbericht 2000 fertiggestellt werden.

Veröffentlichungen: (Auswahl

) HAVERKAMP, R., "Electronic Monitoring". Die elektronische Überwachung von Straffälligen. Bürgerrechte & Polizei/CILIP 60, 43-51 (1998).

HAVERKAMP, R., Die elektronische Überwachung von Straffälligen. Datenschutz Nachrichten 4, 21-25 (1998).

HAVERKAMP, R., Intensivüberwachung mit elektronischer Kontrolle. Das schwedische Modell, seine Bedingungen und Ergebnisse. Bewährungshilfe 46, 51-67 (1999). Ferner veröffentlicht in: Strafe zu Hause: die elektronische Fußfessel. Hrsg. G. Kawamura, R. Reindl. Freiburg i.Br. 1999, 21-44.

HAVERKAMP, R., LUYT, W., Community Corrections in Sweden, the Netherlands and South Africa with emphasis on electronic monitoring. Acta Criminologica. South African Journal of Criminology 1, 10-18 (1999).

HAVERKAMP, R., Europa und die Schweiz. Elektronisch überwachter Hausarrest. Neue Kriminalpolitik 4, 4-6 (1999).

Vorträge:

"Intensive Überwachung durch elektronische Fußfesseln - Das schwedische Modell, seine Bedingungen und Ergebnisse." Tagung "Strafe zu Hause? Elektronisch überwachter Hausarrest", Aachen, 24.9.1998 (Haverkamp).

"Einstellungen von Praktikern aus der Justiz zum elektronisch überwachten Hausarrest - Erste Ergebnisse einer Befragung unter Strafrichtern, Staatsanwälten, Leitern von Justizvollzugsanstalten und Bewährungshelfern in Niedersachsen." Kurzvortrag auf der NKG-Tagung, Göttingen, 1.10.1999 (Haverkamp).