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Die Fußfesssel bleibt umstritten |
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15 Landesminister sind für die Einführung des elektronischen Hausarrestes - Sachsen stimmte dagegen Baden-Baden - Auch nach ihrer Billigung durch die Justizministerkonferenz bleibt die Einführung der "elektronischen Fußfessel" umstritten. "Ich halte diesen kriminalpolitischen Ansatz für falsch", sagte der sächsische Justizminister Steffen Heitmann (CDU) zum Abschluß des dreitägigen Treffens der Justizminister in Baden-Baden. Bei ihrer Frühjahrskonferenz, die am Montag begonnen hatte, haben die Justizminister die Zulassung von Modellversuchen zur Erprobung des elektronischen Hausarrests mit 15 Stimmen befürwortet. Sachsen stimmte dagegen. Nach einer erforderlichen Gesetzesänderung will Hamburg probeweise für höchstens vier Jahre ermöglichen, daß Reststrafen bis zu sechs Monaten zu Hause abgesessen werden können. Dadurch werde die Wiedereingliederung in die Gesellschaft verbessert, sagte Justizsenatorin Lore Maria Peschel-Gutzeit (SPD). Baden-Württemberg will die neue Vollzugsform anstelle der - bei Nichtzahlung einer Geldstrafe verhängten - Ersatzfreiheitsstrafe testen. Hessen will ohne Gesetzesänderung die Fußfessel an Tätern erproben, die Bewährung erhalten haben. Heitmann warnte davor, daß die Möglichkeit, eine Haftstrafe zu Hause auf dem Sofa abzusitzen, bei der Bevölkerung auf Ablehnung stoßen werde. Der grüne Rechtspolitiker Volker Beck lehnte die Einführung der Fußfessel aus ethischen Gründen ab. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) sprach sich dafür aus, die elektronische Fessel nur bei Tätern mit leichten Strafen einzusetzen. BDK-Vorsitzender Eike Bleibtreu sagte, fehlende Haftplätze könnten kein Argument sein, um Schwerkriminelle vorzeitig zu entlassen. Bei der Justizreform einigten sich die Minister auf das Ziel, bei der Berufung in Zivilsachen nicht mehr die gesamte Beweisaufnahme neu aufzurollen. Statt dessen soll das erste Urteil in der zweiten Instanz nur noch auf Fehler überprüft werden. Der Bonner Justizstaatssekretär Hansjörg Geiger erwartet, daß es dadurch zu einem klareren Prozeßzug und damit zu einer Entlastung der Justiz kommt. Er wies darauf hin, daß derzeit wegen der Berufungssumme von 1500 Mark etwa 40 Prozent der Amtsgerichtsurteile rechtskräftig würden, ohne daß der Bürger sich dagegen vor dem Landgericht wehren könnte. Nach dem Willen des Bundesjustizministeriums solle diese Summe gesenkt werden. Zum Thema Justizreform kündigte Geiger an, das Bundesjustizministerium wolle noch bis zum Jahresende einen Referentenentwurf vorlegen und so die Einführung eines klareren und bürgerfreundlicheren Instanzenzugs voranbringen. Bei der vom Bundesverfassungsgericht geforderten Anhebung des Gefangenenlohns konnten sich die Minister nicht einigen. Während Baden-Württembergs Justizminister Ulrich Goll (FDP) sich für einen Strafrabatt statt einer Lohnerhöhung aussprach, votierte Sachsen dagegen. Bayern warnte vor einer Verteuerung der ohnehin kaum konkurrenzfähigen Gefangenenarbeit, die derzeit mit rund 200 Mark im Monat entlohnt wird. Zur Zukunft der Ludwigsburger Zentralstelle zur Aufklärung nationalsozialistischen Unrechts bestätigten die Minister ihren Beschluß vom Herbst vergangenen Jahres. Danach sollen die Bestände der Zentrale für Forschung und Publizistik zugänglich gemacht werden. "Die Welt" vom 10. Juni 1999 |