Themenübersicht: |
Ist der Atomspion schon bald ein freier Mann? |
||
Der Kaufbeurer Ingenieur Karl-Heinz Schaab sitzt in Landberg in Untersuchungshaft und will ausführlich aussagen - Von unserem Redaktionsmitglied Rudi Wais Augsburg/München Karl-Heinz Schaab bleibt vorerst in Haft. Einen Tag nach der freiwilligen Rückkehr des Atomspions hat das Bayerische Oberste Landesgericht den 64jährigen Ingenieur aus Kaufbeuren in Untersuchungshaft geschickt. Schaab soll dem Irak 1989 und 1990 bei der Produktion von waffenfähigem Uran geholfen haben. Ob der ehemalige MAN-Mann tatsächlich ein führender Kopf bei Saddam Husseins Atomprogramm war oder nur ein Helfershelfer - das entscheidet sich erst vor Gericht. Die Anklage lautet auf Landesverrat. Schaabs neuer Anwalt Michael Rietz rechnet fest damit, daß sein Mandant das Landsberger Gefängnis in der übernächsten Woche verlassen kann. Schaab werde "ausführlich aussagen", versicherte Rietz gegenüber unserer Zeitung. Überdies müsse ihm die 15 monatige Auslieferungshaft in Brasilien, aus der er im März wieder entlassen worden war, wegen der "extrem schlechten Haftbedingungen dort" doppelt, wenn nicht dreifach angerechnet werden. Bei einer Strafe von sechs bis sieben Jahren, kalkulierte Rietz, hätte Schaab so den größten Teil schon abgesessen. Auch in der Hoffnung, daß sich die Heimkehr aus freien Stücken in einem milderen Urteil niederschlägt, hatte Rietz die Behörden bereits vorab von der Ankunft seines Mandanten in Frankfurt informiert. Schaab der in Begleitung seiner Frau aus Brasilien einflog, habe nicht nur seine todkranke, 96 Jahre alte Mutter im baden-württembergischen Sinsheim noch einmal sehen wollen, sondern bereits seit längerem an eine Rückkehr nach Deutschland gedacht. Rietz: "Sein Lebensmittelpunkt ist Kaufbeuren und nicht Brasilien". Schaab hat längst zugegeben, für Saddam Hussein gearbeitet zu haben - weil er, wie er vor zwei Jahren gestand, in einer für seine Firma schwierigen Zeit "einen zahlungskräftigen Kunden brauchte". Er sei aber nicht der "Macher des Atomprogramms" gewesen. Die Auftraggeber aus Bagdad hatten sich vor allem wegen der sogenannten Gast-Ultra-Zentrifugentechnik (GUZ), einem Spezialgebiet von Schaab Ex-Arbeitgeber MAN Technologie, gezielt an ehemalige Mitarbeiter der High-Tech-Schmiede gewandt. Mit deren Anlagen kann Uran 235, der wichtigste Bestandteil einer Atombombe, angereichert werden. Und Ingenieur Schaab war der Spezialist schlechthin. Während seiner Zeit bei MAN, von 1970 bis 1981, habe er "fast nur GUZ gemacht", erzählte er dem Spiegel 1996. Eine lebenslange Haftstrafe, über die wiederholt spekuliert worden war, ist in den Augen seines Anwalts kein Thema - "auch nicht für das Gericht und den Generalbundesanwalt". Irak-Experte Rietz, der in einem ähnlichen Fall bereits einen Unternehmer aus dem Münsterland verteidigt hat, bleibt jedenfalls optimistisch. Ist Schaab womöglich bald ein freier Mann? Rietz: "Es gibt Hoffnung". Samstag, 26. September 1998 AZ / Nummer 222 Augsburger Allgemeine |