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Münster (web)- Vor dem 3. Strafsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts (Staatsschutzsenat) begann am Montag der Prozeß gegen den Atomspion Karl-Heinz Schaab (64) aus Kaufbeuren, der sich wegen Landesverrats und Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz verantworten muß. Schaab, der als führender Kopf des irakischen Atomwaffenprogramms und rechte Hand Saddam Husseins weltweit gesucht wurde, hatte sich im September 1998 in Brasilien gestellt und war nach langen Verhandlungen mit seinem Verteidiger Michael Reitz aus Münster freiwillig nach Deutschland zurückgekehrt. Laut Anklage soll der Kunststoff-Techniker in den Jahren 1989 und 1990 dem Irak bei der Produktion waffenfähigen Urans geholfen sowie dem irakischen Diktator Konstruktionspläne zum Bau von Gas-Ultra-Zentrifugen (GUZ) geliefert haben, mit denen eine Anreicherung des Urans 235, wie es tum Bau von Atombomben benötigt wird, möglich ist. Schaab war Spezialist für die Anreicherung von Uran mit Hilfe der GUZ, die eine deutsche Erfindung ist. Der gelernte Modellbauer arbeitete früher bei MAN und knüpfte über die Firma H+H- Metallform (Drensteinfurt), deren Geschäftsführer wegen Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz bereits vom Landgericht Münster verurteilt wurde, Kontakte nach Bagdad. Zum Prozeßauftakt schilderte der Angeklagte die schrecklichen Haftbedingungen in Brasilien, wo er 15 Monate mit 15 Häftlingen in einer "Zwei-Mann-Zelle" verbringen mußte. Dies müsse sich - so sein Anwalt aus Münster - positiv auf das Urteil auswirken. Am gestrigen zweiten Verhandlungstag räumte der 64jährige ein, daß er vom Irak "100 000 Mark auf die Hand" für die von MAN stammenden Baupläne bekommen habe. Bei MAN habe er Zugang zu den Labors und den Geheimplänen im Tresor gehabt. Auch gestand der Ingenieur, beim Zusammenbau einen GUZ-Prototypen geholt und das "Herzstück", den Motor selbst gebaut zu haben. Seine frühere Aussage, an einem Forschungsprojekt für die Uni Bagdad gearbeitet zu haben, relativierte der Angeklagte. Er sei doch wohl blauäugig gewesen und hätte erkennen müssen, daß ein militärischer Zweck dahintersteckte.
Münstersche Zeitung vom 16. Juni 1999 |
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