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Der geständige Spion ist bald wieder frei |
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Karl-Heinz Schaab hat seine Irak-Geschäfte zugegeben Von unserem Redaktionsmitglied Rudi Wais Augsburg/München Er muß in Kaufbeuren wohnen, Personalausweis und Paß abgeben und 20000 Mark Kaution hinterlegen: Der Atomspion Karl-Heinz Schaab, der dem irakischen Diktator Saddam Hussein einst half, an einer Atombombe zu basteln, wird das Gefängnis in Landsberg in den nächsten Tagen, vielleicht sogar schon heute, als freier Mann verlassen. Nach Informationen unserer Zeitung setzt das Bayerische Oberste Landesgericht den Haftbefehl gegen den 64jährigen Techniker aus Kaufbeuren außer Vollzug. Schaab habe, so bestätigt sein Verteidiger Michael Rietz, mittlerweile ein "umfassendes Geständnis" abgelegt. Gesundheitlich leicht angeschlagen Auch wenn der 3. Strafsenat des Münchner Gerichts die Entscheidung gestern noch nicht publik machen wollte und Anrufer bat, "Rufen Sie morgen noch mal an": Nachdem Schaab seinen Anwalt gewechselt sich der deutschen Justiz gestellt und zahlreiche Details seiner Irak-Kontakte preisgegeben hat, ist Bewegung in das Verfahren, gekommen. Anwalt Rietz hofft nun, daß Schaab auch nach einer (höchst wahrscheinlichen) Verurteilung nicht mehr zurück ins Gefängnis muß. Die 15monatige Auslieferungshaft in Brasilien, die extrem schlechten Bedingungen dort, die vom Gericht doppelt bis dreifach angerechnet werden können, die etwas angeschlagene, Gesundheit des 64jährigen: Alles Argumente, die in den Augen des Verteidigers für eine Bewährungsstrafe sprechen. Zwar hatten die Münchner Richter im Oktober schon einmal einen Antrag auf Haftverschonung abgelehnt. Mittlerweile aber, so Rietz, habe Schaab sie davon überzeugen können, daß er nicht mehr daran denke, aus Deutschland zu fliehen. Sein Mandant wolle weder zurück nach Brasilien, weil er das Klima dort nicht ertrage, noch nach Teneriffa, wo er kleines ein Haus besitzt. Nach zwei Fluchtversuchen in den vergangenen Jahren wisse er überdies, wie teuer ein längeres Leben auf der Flucht vor der Justiz sei - und dafür, sagt Rietz, fehle Schaab nun auch das Geld. Mit dem Lufthansa-Flug LH 503 war Schaab am 24. September aus Sao Paulo nach Deutschland zurückgekehrt. Die Behörden waren informiert, nahmen ihn noch am Frankfurter Flughafen in Empfang - und brachten ihn bei den Beamten der Bundesanwaltschaft vorbei, bei denen Schaab dann in aller Ausführlichkeit ausgesagt hat. Der Ingenieur aus Kaufbeuren soll Saddam Hussein bei der Produktion waffenfähigen Urans geholfen haben - ein Spezialgebiet, das der ehemalige MAN-Mann wie kaum ein anderer beherrscht. Mit den sogenannten Gas-UltraZentrifugentechnik (GUZ) kann Uran 235, ein wichtiger Bauteil von Atombomben, angereichert werden. Schaab selbst sagt, während seiner MAN-Zeit von 1970 bis 1981 habe er "fast nur GUZ gemacht". Ob Schaab nur ein Helfershelfer war oder der Kopf des irakischen Atomprogramms, ist unklar. Anwalt Riez versichert, sein Mandant, habe militärische Hintergedanken bei seinen Auftraggebern zwar nicht generell in Abrede gestellt, von einer Art Crash-Programm zum Bau einer Atomwaffe sei ihm aber nichts bekannt gewesen. Schaab hat mehrfach betont, er sei nicht jener "Techniker des Todes" gewesen, als der er hingestellt worden sei. Er habe nur mit dem Irak zusammen gearbeitet, weil er in einer schwierigen Zeit - zahlungskräftige Kundschaft, gebraucht habe. Angeblich bat er zwei Millionen Mark aus Bagdad erhalten. Augsburger Allgemeine, Dienstag 08.12.98 |