Themenübersicht: |
Deutsche Pläne für Iraks Atomprogramm |
||
Staatsschutzsenat muß über Landesverrat befinden München- Neun Monate nach der Rückkehr des mutmaßlichen Atomspions Karl-Heinz Schaab nach Deutschland hat am Montag vor dem Staatsschutzsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts das Hauptverfahren gegen den 64jährigen begonnen. Der gelernte Modellbauer aus dem schwäbischen Kaufbeuren ist des Landesverrats angeklagt. Bundesanwalt Joachim Lampe beschuldigte ihn, dem Irak beim Bau einer Gasultrazentrifuge (GUZ) zur Herstellung von waffenfähigem Uran geholfen zu haben. Schaab, ein Spezialist für Verbundstoff-Fertigung, war 1993 wegen illegaler Bauteillieferungen in den Jahren 1989 und 1990 zu elf Monaten Bewährungsstrafe verurteilt worden. Das Gericht ging davon aus, die Pläne seien für eine Zentrifuge für zivile Zwecke. Der Preisgabe von Geheimmaterial konnte Schaab nicht überführt werden. Erst die Flucht der beiden Schwiegersöhne Saddam Husseins 1995 gab den Ermittlern neues Belastungsmaterial in die Hand: Die Saddam-Verräter übergaben der UN Pläne zum Bau einer sogenannten "überkritischen" GUZ zur Herstellung waffenfähigen Urans mit Schaabs Namen. Laut Anklage wurde Schaab dabei von Bruno Stemmler, einem Kollegen bei dem deutschen GUZ-Hersteller MAN-Technologie, unterstützt. Der Modellbauer und der zwischenzeitlich verstorbene Stemmler sollen ihren irakischen Geschäftspartnern "einen fast kompletten Satz von Konstruktionszeichnungen . . . zum Preis von 100 000 Mark" verkauft haben. Damit, so Lampe, sei "der Irak in die Lage versetzt" worden, die Laborversion einer überkritischen GUZ im Entwurf komplett darzustellen. Der Angeklagte soll auch an der Montage der Zentrifuge mitgewirkt haben. Damit habe er die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt und deren auswärtige Beziehungen "erheblich gestört". Schaabs Anwalt Michael Rietz hatte den Anteil seines Mandanten am irakischen Atomwaffenprogramm auf "höchstens ein Tausendstel" beziffert. Rietz hofft, daß der 64jährige nun unter Anrechnung von 15 Monaten brasilianischer Untersuchungshaft in die Freiheit entlassen wird. Am Dienstag will sich Schaab zur Sache einlassen. Süddeutsche Zeitung vom 15. Juni 1999 |