Themenübersicht: |
Saddams Spion: Haft in Rio, Prozeß in München |
||
Schaab soll Atom-Know-how in den Irak verkauft haben tz München. Deutlich gealtert und mit hängenden Schultern - so stellte sich gestern Saddam Husseins mutmaßlicher Top-Atomspion Karl-Heinz Schaab (64) dem Bayerischen Obersten Landesgericht. Der Ex-Unternehmer aus Kaufbeuren soll in den Jahren vor dem Golfkrieg das Atom-Programm des Irak kräftig angeschoben haben. "Landesverrat", sagten die Bundesanwälte. Schaab hat im Vorverfahren gestanden. Er hofft trotzdem, daß er nicht ins Gefängnis muß. Sein Anwalt Michael Rietz: "Er saß 15 Monate in Auslieferungshaft. Die müssen doppelt, wenn nicht dreifach angerechnet werden. Die Zustände in Brasilien waren erbärmlich." Sprich: fünfmal überbelegte Zellen bei glühende Hitze, kein Arzt für Schaabs Herzprobleme, unzureichende Ernährung. Der ehemalige Mitarbeiter von MAN-Technologie hatte 1978 eine kleine Firma für Verbundwerkstoffe gegründet. Ende der 80er Jahre war die Auftragslage mies, Schaab suchte und fand im Irak einen "potenten" Geschäftspartner. Er hat 1989/90 das Know-how für eine Gasultrazentrifuge zur Uran-Anreicherung - und damit zur Atombombenherstellung - geliefert und geholfen, die Maschine zu montieren. Rietz: "Als er die Verbindung wegen der Golfkrise abbrach, gab es noch keine laufenden Prototypen." Der gelernte Modellbauer stolperte über Saddam Hussein später ermordeten Schwiegersohn Hussein Kamil. Der irakische Rüstungsminister flüchtete 1996 mit belastenden Unterlagen nach Jordanien. Presseberichte brachten die Fahnder auf die Spur von Karl-Heinz Schaab. Im Dezember 1997 war der meistgesuchte Atomspion der Welt in Brasilien geschnappt worden. Nach seiner Freilassung kehrte er freiwillig nach Deutschland zurück. Der Prozeß dauert an. Das Urteil soll am 29. Juni verkündet werden. tz vom 15. Juni 1999 |