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Geschäfte mit Billig-Arbeitern Versmolder in Oldenburg vor Gericht Von Christian Althoff |
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Versmold/Oldenburg (WB). Seit gestern steht Schlachtarbeiter-Vermittler Wilfried I. (53) aus Versmold vor dem Landgericht Oldenburg. Dem Kaufmann und Fleischermeister werden Bedrohung, Körperverletzung, illegaler Waffenbesitz und Verstöße gegen das Ausländergesetz vorgeworfen. Außer Wilfried I. müssen sich auch Hubert D. (46) und Joachim S. (56) vor Gericht verantworten, die Geschäftsführer des größten europäischen Schlachthofes, D&S, aus dem oldenburgischen Essen. Von 1999 bis 2003 hatte Wilfried I. mindestens 1000 rumänische Arbeiter auf der Grundlage staatlich genehmigter Werkverträge an Schlachthöfe in NRW und Niedersachsen vermittelt. Nach Ansicht des Staatsanwaltes hielten sich I. und die mitangeklagten Schlachthofgeschäftsführer allerdings nicht an die engen Vorgaben der Werkverträge. Stattdessen sollen sie die Rumänen für Arbeiten eingesetzt haben, für die eigentlich deutsche Kräfte hätten eingestellt werden müssen. So mussten die Schlachtarbeiter Fleisch transportieren, Kisten reinigen und Lkw beladen. "Dadurch, das Rumänen diese Jobs erledigt haben, ist den Sozialversicherungskassen ein Schaden von 5,9 Millionen Euro entstanden", erklärte der Staatsanwalt. Um die illegalen Tätigkeiten der Schlachter in der Buchhaltung zu verschleiern, seien sie nach einem ausgeklügelten Schlüssel in "Kilogramm Schlachtfleisch" umgerechnet worden. Wilfried I. hatte die Rumänen nicht nur nach Deutschland geholt. Er brachte sie auch in eigenen Unterkünften unter und ließ sie zur Arbeit und zurück fahren. Auch den Lohn zahlte er aus, in bar, weil die Arbeiter keine Konten besaßen. "Es gab Wochenenden, da hatte mein Mandant 500 000 Mark bei sich. Deshalb hatte er sich zum Schutz eine Pistole zugelegt", sagte Strafverteidiger Michael Rietz gestern am Rande des Prozesses. Der Waffenschein sei bereits beim Kreis Gütersloh beantragt gewesen, aber Wilfried I. habe die Genehmigung nicht abgewartet, ein Fehler, wie er heute wisse. Mit der Pistole und den Worten "Willst du sterben?" soll der Unternehmer 2003 in Rheda-Wiedenbrück einen Rumänen bedroht haben, nachdem sich dieser über die Bezahlung beschwert hatte. Ferner soll er einen Arbeiter schwer misshandelt haben. Zwölf Verhandlungstage hat das Landgericht bis zum 14. Juli terminiert. Parallel zu dem Prozess ermittelt die Staatsanwaltschaft weiter gegen den Versmolder: Er soll mit drei weiteren Schlachthöfen illegale Geschäfte gemacht haben und muss sich dafür möglicherweise in einem zweiten Prozess verantworten. Westfalen Blatt, 09.06.2004 |