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Balssam - Prozess | ||
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Abenteuerliche Flucht des Balsam-Managers Schlienkamp: Algen gezüchtet und auf Stroh geschlafen |
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Von Ernst-Wilhelm Pape Bielefeld/Frankfurt (WB). Als Balsam-Finanzchef verdiente Klaus Schlienkamp vier Millionen Mark im Jahr - auf der philippinischen Insel Cebu 200 Dollar im Monat. Mit einem Koffer, einer Reisetasche und 4000 Pesos Bargeld kam der zu zehn Jahren Freiheitsstrafe verurteilte Milliardenbetrüger am Freitag morgen auf dem Frankfurter Flughafen an. In Handschellen wurde Schlien-kamp an seinem 47. Geburtstag um 11.20 Uhr im Amtsgericht Frankfurt Haf-trichter Clemens Becker vorgeführt, der innerhalb von zehn Minuten den Haftbefehl verkündete. Am Dienstag kommt der Untersuchungshäftling in die Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Brackwede. Bereits Freitag kündigte Schlienkamp an, seine abenteuerliche Flucht von Bielefeld auf die Philippinen in einem Buch niederschreiben zu wollen. Den großen Erfolg des Bundeskriminalamtes zweifelte Schlienkamp an. Sein Pass sei abgelaufen, deshalb seien die Behörden in Deutschland verständigt worden. Rechtsanwalt Michael Rietz (Münster) "Schlienkamp hätte auch gleich von den Philippinen aus bei der Staatsanwaltschaft in Bielefeld anrufen und sagen können: hier bin ich."Die Ermittlungsbehörden widersprechen dieser Version. Schlienkamps Pass habe noch bis zum 6. Mai 2000 Gültigkeit gehabt. Seine Personalpapiere seien aus taktischen Gründen vorzeitig von der Deutschen Botschaft in Manila für ungültig erklärt worden. Schlienkamp betonte am Freitag, dass er Anfang November 1998 nach dem Zusammenbruch seiner beiden neuen Firmen in Bielefeld aus dem Leben scheiden wollte. Hierzu habe ihm aber der Mut gefehlt. Vom Flughafen Hamburg-Fuhlsbüttel aus sei er zunächst nach Antwerpen geflogen und dann mit dem Schiff nach Neuseeland gereist. Auf dem Schiff habe er bereits die Familie seiner späteren philippinischen Frau kennengelernt. Mit dem Flugzug sei er dann nach einem Zwischenstopp in Hongkong am 17. Januar 1999 auf den Phil-ippinen angekommen. Er reiste mit seinem echten Pass ein, gab bei seiner Hochzeit ebenfalls seinen echten Namen an und mietete sich auch eine Wohnung unter dem Namen Klaus Schlienkamp. Rechtsanwalt Rietz: "Mein Mandant hat sich nicht versteckt. Bei seinem schwachen Willen war er einfach dem Druck der laufenden Gerichtsverhandlung nicht mehr gewachsen." Auf den Philippinen habe Schlienkamp das einfache tatsächliche Leben kennengelernt. Mit seinen beiden geschiedenen Ehefrauen in Deutschland und den Niederlan-den wolle er nichts mehr zu tun haben. Schlienkamp hofft, nach Verbüßung seiner Haftstrafe wieder auf die Philippinen zurückkehren zu können. Seine neue 35 Jahre alte Ehefrau werde auf ihn warten. So habe ihn die Großfami-lie auf dem Flughafen in Manila am Donnerstag mit Tränen in den Augen ver-abschiedet. Auf der Fluchtinsel Cebu habe er als Fischer und Algenzüchter gearbeitet, sagte Schlienkamp. Er habe über ein kleines eigenes Fischerboot verfügt und mit seiner Arbeit den Lebensunterhalt verdient. Die 80 000 Mark von seinem Bielefelder Konto habe er für Flugtickets, Schiffspassagen und Hotelüber-nachtungen ausgegeben. Die Wohnverhältnisse auf den Philippinen seien sehr bescheiden gewesen. Zunächst habe er nachts unter freiem Himmel auf Stroh-matten geschlafen und später in eine spärlich eingerichtete Wohnung ohne fließendes Wasser bezogen. In dieser Mietwohnung seien er und seine Frau auch vielfach ohne Strom gewesen. Von seiner Verurteilung erfuhr Schlienkamp nach Angaben von Rietz über das Internet. Auf diesem Weg habe er auf den Philippinen die Zeitungsartikel aus Bielefeld lesen können und sei immer informiert gewesen. Westfalen-Blatt |