Themenübersicht: |
Balssam - Prozess | ||
Nach der Flucht | ||
Prozess am LG Bielefeld | ||
Verschwinden von Klaus S. | ||
Auftauchen von Klaus S. | ||
Misteriöse E-Mails | ||
"Ich will nicht mehr, für mich ist alles ist zuende" |
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Hauptangeklagter kündigte Selbstmord an - Ins Ausland abgesetzt? Von Günter Weber, Bielefeld Klaus Schlienkamp (45), einer der Hauptangeklagten im Bielefelder Betrugsprozeß nun den Steinhagener Sportbodenhersteller Balsam ist gestern überraschend nicht mehr zur Verhandlung am Landgericht Bielefeld erschienen. Gegen 11 Uhr wurde dem Vorsitzenden Richter Klaus Wabnitz ein handgeschriebener Brief des 45jährigen Finanzmanagers überreicht, in dem dieser seinen Selbstmord ankündigte. "Wenn Sie diesen Brief in Ihren Händen halten, werde ich nicht mehr leben, ich komme mit meinem Leben nicht mehr zurecht", schrieb Schlienkamp in seinem Abschiedsbrief. Weiter heißt es: ""Ich werde mich über die Gründe nicht weiter auslassen. Vor viereinhalb Jahren dachte ich noch, ich könnte einen Schlußstrich unter mein bisheriges Leben ziehen und mit einer Verurteilung leben. Doch in dieser Welt, in diesem System will ich nicht mehr leben, auch nicht mit der Schuld, die ich auf mich geladen habe. Teurer kann ich sie nicht bezahlen. Was den Wirtschaftsprüfer Dr. Musckat betrifft, liegen Sie mit der Beurteilung falsch. Er hat fahrlässig und schlampig gearbeitet, war aber nicht bösgläubig. Ich will nicht mehr, für mich ist alles zu Ende." Ob sich Schlienkamp tatsächlich das Leben genommen oder ins Ausland abgesetzt hat, ist zur Stunde noch ungewiß. Die Staatsanwaltschaft gab gestern noch bekannt, daß der Angeklagte Anlegerkonten abgeräumt, 72 000 US-Dollar sowie seine Taucherausrüstung mitgenommen habe. Sie hat sofort einen neuen Haftbefehl erlassen. Der münstersche Anwalt des Angeklagten, Michael Rietz, geht davon aus, daß sein Mandant tot ist. Er habe häufig darüber gesprochen, daß "alles Wahnsinn" sein. "Ich kenne ihn gut, er hat nicht die Nerven für eine groß angelegte Flucht. Schlienkamp ist in einer typischen Selbstmördersituation und hat keine Lebensfreude mehr", meinte der Anwalt gegenüber unserer Zeitung. Auch die Tatsache, daß Schlienkamp seine Taucherausrüstung Mitgenommen hat, hält der Wirtschaftsstrafverteidiger für ein Indiz, das der 45jährige Vater zweier Kinder Ernst gemacht haben könnte. Schlienkamp sei noch vor kurzem auf einem Taucherurlaub in der Türkei gewesen. Wiederholt habe er geäußert, wenn er aus dem Leben scheide, dann nur durch einen Taucherunfall. Man müsse bis 75 Meter abtauchen, dann sei alles schmerzlos. Auch die Tatsache, daß der Angeklagte gute Aussichten auf eine Halftstrafe und offenen Vollzug habe, spreche gegen eine Flucht. Wann man ihn jetzt fasse, müsse Schlienkamp mit elf bis zwölf Jahren Haft rechnen. Münsterische Zeitung, 11. November 1998 |