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Balssam - Prozess | ||
Nach der Flucht | ||
Prozess am LG Bielefeld | ||
Verschwinden von Klaus S. | ||
Auftauchen von Klaus S. | ||
Misteriöse E-Mails | ||
E-mail aus Kuba meldet Tod von K. Schlienkamp |
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Er war Finanzchef bei Balsam Von Hubert Wolf WAZ Bielefeld. Vor zehn Monaten verschwand der Balsam-Manager Klaus Schlienkamp. Jetzt behauptet eine mysteriöse E-mail aus Kuba, der Abgetauchte habe sich ertränkt. "Tot, oder Finte?" fragen sich die Staatsanwälte. In zehn Tagen endet in Bielefeld einer der ganz großen Wirtschaftsprozesse. Balsam: Das war jener Sportboden-Hersteller, bei dem 1,3 Millarden Mark versickert sein sollen. Der Vorwurf: Je schlechter es der Firma ging, desto phantasievoller hätten Vorstände Aufträge verfälscht oder gleich ganz erfunden, um an Kredite zu kommen. Hauptangeklagt: Finanzvorstand Klaus Schlienkamp. Ihm drohen zwölf Jahre Haft - falls er noch lebt. Der geständige Schlienkamp verschwand im November 1998. Jetzt, am 9. September 99 um 19.32 Uhr, erhält Verteidiger Michael Rietz eine E-mail. Darin berichtet ein Santiago Francesco aus Kuba, er habe sich im Januar mit Schlienkamp angefreundet. Der Deutsche habe oft davon gesprochen, er habe keine Zukunft. Falls ihm etwas zustoße, solle Francesco Rietz benachrichtigen. Wenig später sei Schlienkamp vom Tauchen nicht zurückgekehrt. Selbstmord, so Santiago, den man aus Angst vor den kubanischen Behörden nicht gemeldet habe. Er schreibe Rietz erst jetzt, weil er dessen E-mail-Adresse für acht Monate verlegt habe. "Die Nachricht kann stimmen, aber es kann auch ein Scherzbold sein", sagt Verteidiger Michael Rietz. Oberstaatsanwalt Klaus Pollmann hätte noch eine dritte Idee: dass die Geschichte eine Räuberpistole ist, dass der gesuchte Manager selbst und quicklebendig dahinter steckt. "Es riecht nach Täuschung", sagt Pollmann. Erst zwei Tage vor der E-mail hatten Schlienkamps Verteidiger gefordert, den Prozess einzustellen, da ihr Mandant doch tot sei. Schon nach seinem Abtauchen im Herbst hatte Schlienkamp Selbstmord angekündigt in einem krakeligen Brief aus Cuxhaven: "Wenn Sie dies lesen, werde ich tot sein." Die Polizei fand damals sein Auto in Cuxhaven, aber nicht die Kleidung und die Sportsausrüstung, die er auf der Flucht mitgenommen hatte. Ungewiss ist auch, mit wieviel Geld der Manager damals verschwand. "Wäre ich Schlienkamp", so der Staatsanwalt, "hätte ich mir doch ein paar Millionen für Notfälle beiseite gelegt." Westdeutsche Allgemeine Zeitung vom 11. September 1999 |