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Von Rena Pankow - Gut sieben Monate sind nach dem plötzlichen und geheimnisvollen Verschwinden von Klaus Schlienkamp (46) vergangen. In einem Brief hatte der Hauptangeklagte in einem der spektakulärsten Wirtschaftsprozesse Deutschlands seinen Selbstmord angekündigt. Doch jetzt ist der Milliardenjongleur wieder im Fadenkreuz der Fahnder. Denn Staatsanwaltschaft und Kripo haben Hinweise, daß Schlienkamp seinen Freitod nur inszeniert hat und in den USA untergetaucht ist. Schlienkamp, einst Finanzvorstand des ehemals weltgrößten Sportbodenherstellers Balsam AG (Steinhagen), ist gemeinsam mit Firmenchef Friedel Balsam (57) und fünf weiteren Spitzenmanagern vor dem Bielefelder Landgericht angeklagt, bei rund 45 Banken jahrelang ungesicherte Kredite erschwindelt zu haben. Schaden: mindestens 1,7 Milliarden Mark! Obwohl Schlienkamps Anwalt Michael Rietz aus Münster immer noch an den Selbstmord glaubt ("Der hat nicht die Nerven für eine Flucht"), begründet Oberstaatsanwalt Klaus Pollmann seine Zweifel: "Nirgendwo ist bisher seine Leiche aufgetaucht." Außerdem habe Schlienkamp kurz vor seinem Verschwinden 78 000 US-Dollar von einem Firmenkonto abgeräumt und in einem Koffer Sommerkleidung und eine Taucherausrüstung mitgenommen. Nach BamS-Informationen gehen die Ermittler davon aus, daß er seine USA-Flucht vom Hamburger Flughafen Fuhlsbüttel startete - dort wurde sein Handy zum letzten Mal benutzt. Für die Vereinigten Staaten spricht, daß Schlienkamp, der inzwischen per internationalem Haftbefehl gesucht wird, bereits 1997 plante, seinen Wohnsitz in die USA zu verlegen. Über einen Anwalt in Kalifornien hatte der Milliardenbetrüger prüfen lassen, ob er bei einer Verurteilung mit einer Auslieferung aus den USA rechnen muß. Außerdem könnte der bekennende Zeuge Jehovas bei seiner Glaubensgemeinschaft Schutz gefunden haben, die ihren Hauptsitz in New York hat.
Bild am Sonntag, 16. Mai 1999 |
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